Arschang Valipour (c) Sommer
zurück zur Übersicht

Verbessert Sport die Immuntherapie?

Innovation & Forschung
Versorgung

Ein Team um Arschang Valipour untersucht weltweit erstmals die Auswirkung der Immuntherapie bei Lungenkrebs in Kombination mit aktivierender Rehabilitation.

Text: Karin Lehner

In Österreich sterben jährlich rund 4.000 Menschen an einem Lungenkarzinom, bei rund 5.000 Neudiagnosen pro Jahr. Laut Prim. Priv.-Doz. Dr. Arschang Valipour, Leiter der Abteilung für Innere Medizin und Pneumologie an der Klinik Floridsdorf, war ein aktivierendes Rehabilitationsprogramm bei Tumorpatient*innen bei laufender Therapie bislang nicht Standard. Bald könnte es das sein, denn medizinisches Wissen entwickelt sich rasant weiter. „So revolutionierte die Immun-Therapie die Krebsbehandlung, weil sie das körpereigene Abwehrsystem aktiviert.“

Genau hier setzt sein Forscher*innen-Team am Karl Landsteiner Institut für Lungenkrebsforschung und pneumologische Onkologie in der Klinik Floridsdorf an. Die Einrichtung versorgt 2.000 Lungenkarzinompatient*innen und stellt pro Jahr 600 Neudiagnosen. Die Expert*innen vermuten, dass sich eine aktivierende pulmonale Reha parallel zur Immuntherapie günstig auf die Leistungsfähigkeit, Lebensqualität und sogar die Therapie von Lungenkrebspatient*innen auswirkt. „Körperliches Training und Bewegung steigern nicht nur die Fitness, sondern beeinflussen auch das Immunsystem positiv und könnten so die Wirkungseise der Immuntherapie unterstützten und verbessern“, erklärt Valipour. „Denn Kraft- und Ausdauertraining stärken das Immunsystem und aktivieren NK-Zellen (Anm.: natürliche Killerzellen), die auch gegen Krebszellen vorgehen können.“

Kraft-, Ausdauer- und Atemtraining

Also startete sein Team dazu soeben die weltweit erste randomisierte, kontrollierte und zweiarmige Pilotstudie. Nach einer Vorbereitungszeit von 1,5 Jahren nehmen an OPAL (Outpatient pulmonary rehabilitation in patients with advanced stage non-small cell lung cancer receiving immunotherapy) 70 Patient*innen mit fortgeschrittenem nicht-kleinzelligem Lungenkarzinom teil, die sich einer Immuntherapie unterziehen. In einem Randomisierungs-Prozess wurden sie in zwei Behandlungsgruppen eingeteilt. Beide erhalten die gemäß den Leitlinien empfohlene Krebstherapie.

Zusätzlich durchläuft eine Gruppe ein sechswöchiges standardisiertes wie ambulantes Rehaprogramm. In der Klinik Pirawarth in Wien oder der Therme Wien Med stehen Kraft-, Ausdauer- und Atemmuskeltraining, Ernährungs- sowie psychosoziale Beratung auf dem Programm. Der Beobachtungszeitraum beträgt sechs Wochen.

Arschang Valipour (c) Sommer

Training stärkt das Immunsystem und aktiviert NK-Zellen, die auch gegen Krebszellen vorgehen können.

Prim. Priv.-Doz. Dr. Arschang Valipour

Leiter der Abteilung für Innere Medizin und Pneumologie an der Klinik Floridsdorf

Lungenkrebs wird vielfach erst in einem metastasierten, also weit fortgeschrittenen Krankheitsstadium diagnostiziert. In dieser Situation ist die Immuntherapie, oft in Kombination mit einer Chemotherapie, der aktuelle Behandlungsstandard und kann zu einer langfristigen Tumorkontrolle führen. Trotzdem leiden Patient*innen unter einer hohen Symptomlast, eingeschränkter Leistungsfähigkeit und einer deutlichen Beeinträchtigung der Lebensqualität.

„Diese Faktoren können den Therapieerfolg erheblich beeinflussen und führen nicht selten zu einem vorzeitigen Abbruch der Behandlung“, weiß Valipour aus Erfahrung. Die neue Therapiekombination ist ein Hoffnungsschimmer für Patient*innen und Behandler*innen aus Onkologie und Rehabilitation. Durch das ambulante Setting verbringen Lungenkrebspatient*innen zudem wenig Zeit im Spital oder der Rehaeinrichtung.

Krebs-Reha bald Standard?

Bestätigt sich der positive Einfluss der aktivierenden Rehabilitation, könnte sie künftig auch anderen Krebspatient*innen zugutekommen. „Das wäre ein wichtiger Schritt in punkto einer ganzheitlicheren Behandlung“, weiß Valipour. „Denn bislang wird die Rehabilitation nur selten bei einer aktiven Krebserkrankung angeboten.“

In einer nächsten Phase der Studie steht die womöglich gesteigerte Lebenserwartung von Lungenkarzinompatient*innen mit Immuntherapie und Aktiv-Reha im Fokus. „Doch dafür sind sehr hohe Fallzahlen nötig“, so Valipour. „Das ist aufwendig und teuer. Doch es zahlt sich langfristig für alle Beteiligen aus, das Bewusstsein für die vielversprechende neue Therapie-Kombination zu schärfen.“ Erste Ergebnisse wird es in 1,5 Jahren geben. Wenn sich Valipours Vermutungen bestätigen, profitiert auch der Arbeitsmarkt. „Die aktivierende Rehabilitation von Krebspatient*innen könnte Krankheitstage verringern und damit Unternehmen wie das Gesundheitssystem entlasten.“

Titelbild: Arschang Valipour © Sommer

Ähnliche Beiträge zu diesem Thema