Ein Jahr nach der Einführung des Kostenzuschusses für klinisch-psychologische Behandlungen zieht BÖP-Präsidentin ao. Univ.-Prof.in Dr.in Beate Wimmer-Puchinger Bilanz.
Text: Rosi Dorudi
Jahrelang hat sich der Berufsverband Österreichischer PsychologInnen (BÖP) für einen Kostenzuschuss für klinisch-psychologische Behandlungen starkgemacht. „Das Inkrafttreten des Gesetzes für den Kostenzuschuss durch die Sozialversicherung im vergangenen Jahr stellt einen wichtigen Fortschritt in unserem Gesundheitssystem dar“, betont Wimmer-Puchinger. Studien belegen schon lange, wie eng Körper und Psyche miteinander verbunden sind. „Unsere mentale Verfassung beeinflusst nicht nur das Risiko für Erkrankungen, sondern auch die Fähigkeit des Körpers, zu heilen“, erklärt sie. „Wir sind daher sehr froh, dass wir den Kostenzuschuss durchgesetzt haben. Es war eine lang ersehnte Forderung, an der wir über 30 Jahre gearbeitet haben. Insofern sind wir mit dem Ergebnis sehr zufrieden. Dennoch war dies nur der erste Schritt.“ Seit der Einführung des Kostenzuschusses ist die Nachfrage nach klinisch-psychologischen Behandlungen rasant gestiegen, was den immensen Bedarf an dieser Leistung widerspiegelt. „Der Kostenzuschuss deckt derzeit nur etwa ein Drittel der Behandlungskosten. Rund zwei Drittel müssen die Betroffenen selbst tragen“, so die BÖP-Präsidentin. „Tatsache ist, dass sich viele Menschen eine Behandlung trotz Zuschuss einfach nicht leisten können. Psychologische Hilfe darf kein Luxus sein – unser Ziel bleibt daher eine vollständige Kostenübernahme durch die Sozialversicherung.“ Um dies zu erreichen, verhandelt der BÖP aktuell mit der ÖGK über einen Sachleistungsvertrag. „Wir wissen zwar, dass die Kassen leer sind, aber gerade jene Menschen, die sich psychologische Hilfe nicht leisten können, brauchen diese meist am dringendsten.“
Beate Wimmer -Puchinger
Ein weiteres drängendes Thema sei die psychoonkologische Betreuung von Krebspatient*innen. „Auf den Krebsstationen leisten Psychoonkolog*innen bereits seit vielen Jahren wertvolle Arbeit, doch weiterführende Behandlungen sind derzeit nur privat finanzierbar.“ Das dürfe nicht sein, da eine Krebserkrankung für die Betroffenen eine enorme psychische Belastung darstelle. „Es ist daher essenziell, auch nach der Entlassung aus dem Krankenhaus für sie eine kostenfreie klinisch-psychologische Betreuung zu gewährleisten“, betont die ehemalige Frauengesundheitsbeauftragte. Gemeinsam mit der Österreichischen Krebshilfe setzt sich der BÖP daher seit Langem für einen Ausbau der psychoonkologischen Versorgung ein. „Für viele ist eine ambulante Behandlung unerschwinglich. Durch eine komplette Kostenübernahme bekäme jede und jeder Betroffene die dringend nötige Unterstützung.“
Auch bei Kindern und Jugendlichen gibt es laut BÖP-Präsidentin einen großen Bedarf an psychologischer Betreuung. „Viele Kinder haben die Corona-Pandemie nicht gut bewältigt“, berichtet sie. Hinzu kämen multiple Krisen wie Kriege, Teuerungen und Umweltkatastrophen, deren Allgegenwärtigkeit an jungen Menschen nicht spurlos vorübergehe. „Wir sind sehr froh, dass uns für unser Projekt ‚Gesund aus der Krise‘ bisher 55 Millionen Euro zur Verfügung gestellt wurden.“ Das Programm ermögliche es, Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen bis zum 22. Lebensjahr innerhalb von zehn Tagen psychologische und psychotherapeutische Hilfe zu bieten – ohne die Eltern finanziell zu belasten. „Das ist ein großer Erfolg und zeigt, wie wichtig staatliche Unterstützung in diesem Bereich ist.“
Neben der Finanzierung sieht Wimmer-Puchinger auch den Nachwuchs als eine große Herausforderung, um klinisch-psychologische Behandlungen langfristig besser im Gesundheitssystem verankern zu können. „Es gibt viele junge Menschen, die diesen Beruf ergreifen wollen – auch aus dem Ausland. Doch oft scheitert es an fehlenden Ausbildungsplätzen. Das ist ein Problem, das wir dringend angehen müssen.“
Der BÖP setzt sich daher nicht nur für eine bessere finanzielle Absicherung psychologischer Leistungen ein, sondern auch für mehr Ausbildungsplätze. „Die psychische Gesundheit der Menschen darf nicht an finanziellen oder bürokratischen Hürden scheitern“, betont Wimmer-Puchinger. „Es braucht nachhaltige Lösungen – und zwar jetzt.“
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