Humorinterventionen in Krankenhäusern senken nachweislich Herzfrequenz und Entzündungswerte, verkürzen Krankenhausaufenthalte und verbessern die Wirkung von Therapien. Lachen bewirke im menschlichen Körper wahre Wunder, erklärt die Psychologin und Psychotherapeutin Doris Bach vom CliniClowns Forschungsverein. Mehr als 70 professionell ausgebildete CliniClowns setzen diese Form der Medizin in österreichischen Gesundheitseinrichtungen ein.
Text: Karin Lehner
Mit Lungenentzündung im Spital zu liegen ist nicht lustig, vor allem für Kinder. Für eine israelische Studie setzten Clowndoktor*innen in einem Spital in Haifa zur Linderung von Angst und Langeweile auf Visiten mit Witz und Humor. Sie besuchten eine Gruppe der jungen Patient*innen zwischen zwei und 18 Jahren in den ersten 48 Stunden ihres Aufenthalts zwei Mal täglich für je 15 Minuten. Insgesamt wurden 51 Kinder beobachtet. Die Kontrollgruppe erhielt die Standardbehandlung ohne Clownbesuch.
Das Ergebnis beweist eindrucksvoll, dass Lachen nicht nur guttut, sondern auch in punkto Therapie und Genesung Erkrankter eine Rolle spielt. Die Zeit mit Clowndoktor*innen verkürzte den Krankenhausaufenthalt der Kinder und Jugendlichen im Schnitt von 70 auf 43,5 Stunden. Außerdem verringerte sie die Dauer des intravenösen Antibiotikagebrauchs, von durchschnittlich drei auf zwei Tage. Zudem sanken die Atem- und Herzfrequenz sowie die Entzündungsmarker im Blut der jungen Patient*innen, und zwar signifikant.
„Lachen bewirkt wahre Wunder“
Mag.a Dr.in Doris Bach hält an der Wiener Hauptuniversität Vorlesungen zum Thema „Humor in der klinischen Psychologie“. Als klinische Psychologin und Psychotherapeutin sowie Präsidenten des CliniClowns Forschungsvereins weiß sie um die Wirkung von Humor in der Medizin. „Lachen bewirkt im menschlichen Körper wahre Wunder, denn dabei bildet er jede Menge glücksbringender Endorphine.“ Patient*innen öffnen sich auf diese Weise dem Behandlungsteam wie der Therapie.
In Hollywood zog sich Patch Adams Urinschüsseln als Schuhe an. Hierzulande blasen auf 150 Stationen in 56 Spitälern und Einrichtungen in ganz Österreich 73 CliniClowns regelmäßig Hygiene-Handschuhe mit einem aufgemalten Gesicht auf, sodass dem „Kopf“ alle Haare zu Berge stehen. Sie jonglieren mit Gegenständen aus dem Krankenzimmer, zaubern Clown-Nasen herbei oder balancieren tollpatschig Federn durch die Luft.
Potenzielle Clowndoktor*innen interessieren sich für soziale Arbeit, werden in einem mehrstufigen Prozess ausgewählt, mindestens 1,5 Jahre ausgebildet. Sie beherrschen im Idealfall ein Instrument und können singen oder tanzen. Ihre geschulte Wahrnehmung in Kombination mit Intuition ist die Basis für die Interaktion am Krankenbett. Für die Besuchten sind die Visiten kostenfrei. Die nebenberuflichen CliniClowns erhalten vom seit 1991 aktiven Wiener Verein eine Aufwandsentschädigung.
Witze-Erzählen ist Gehirnjogging
Anfangs nur für hospitalisierte Kinder geplant, wird Humor als Medizin mittlerweile breiter eingesetzt. Weil Lachen laut Bach „kein exklusives Recht von Glücklichen, Gesunden und Jungen“ sei, besuchen Clowndoktor*innen nun verstärkt auch Erwachsene in Krankenhäusern und Pflegeheimen. Hospitalisierte Kinder motivieren sie zur Medikamenteneinnahme oder zum selbständigen Essen und Trinken. Geriatrischen Patient*innen schenken sie neuen Lebensmut.
„Humorintervention ist ein Kontrapunkt zum grauen Spitalsalltag und eine gute Strategie zur Bewältigung von Sorgen“, erklärt Bach. „Wer lacht, vergisst für eine kurze Zeit die Sorgen.“ Schon das Nacherzählen eines Witzes sei alltagstaugliches Gehirnjogging. „Erzähler*innen müssen ihn sich merken, brauchen das richtige Timing und eine lustige Erzählweise. Das fordert das Gehirn auf vielen Ebenen gleichzeitig und trainiert es dabei,“ so die Expertin.
Humor kräftigt das Herz
Wie Studien zeigen, verringert herzhaftes Gelächter Angst sowie Schmerz, stärkt das Immunsystem, fördert die Atmung und setzt Heilungskräfte frei. Bach verweist auf Arbeiten, die den Beitrag von Humor zur Genesung von Patient*innen auf der Hämatologie, Nephrologie, Onkologie, Kardiologie und Gynäkologie belegt haben. „Bei Frauen mit Brustkrebs fördert Lachen die bessere Verträglichkeit der Chemotherapie. Bei Menschen mit einer Herzkrankheit kräftigt es das Organ. Und bei einer künstlichen Befruchtung nistet sich, so kurios das klingt, die Eizelle besser ein, wenn Frauen dabei von Clowndoktorinnen begleitet werden.“
Von den humorvollen Besucher*innen profitieren auch Angehörige, die Entlastung bei der Betreuung verspüren, und das medizinisches Personal. Letzteres braucht laut Bach ebenfalls Coping-Strategien, um mit Druck, Stress und Leid umgehen zu können. So ein Ventil sei gelegentlich der Galgenhumor. „Je schlimmer die Situation, desto schwärzer der Humor.“ Wie CliniClowns wissen, ist Letzterer jedoch nichts für den Umgang mit Patient*innen. Auch Ironie sei nicht für jedermann oder jede Frau nachvollziehbar und verständlich. „Beide Humorarten können verletzen und sind in therapeutischer Hinsicht keine Option.“ Wenn Lachen die beste Medizin sein soll, sei „Feingefühl geboten“.
Foto: CliniClowns bei einer Präsentation, © Bach privat