Der Pflegeberuf ist vielseitig, anspruchsvoll, erfüllend und gesellschaftlich unverzichtbar. Dennoch zögern viele Pflegefachkräfte nach einer längeren Auszeit, den Wiedereinstieg zu wagen – oft aus Unsicherheit über die eigenen Fähigkeiten oder wegen fehlender Unterstützung. „Genau hier setzen wir mit dem Refresher-Kurs an, den wir gemeinsam mit dem Vinzentinum entwickelt haben, um ehemaligen Pflegekräften den Wiedereinstieg zu erleichtern“, erklärt Pflegedirektorin Angela Huber im Gespräch mit INGO.
Text: Rosi Dorudi
Pflegekräfte kennen die Herausforderungen des Pflegealltags gut. „Doch nach einer längeren Auszeit macht vielen der Gedanke an eine Rückkehr in den Beruf Sorgen“, weiß Angela Huber, MSc, MBA, Pflegedirektorin im Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern Ried.
„Sie haben oft das Gefühl, vieles vergessen zu haben. Hinzu kommt, dass sich die Pflegepraxis in den letzten Jahren stark verändert hat.“ Um den Wiedereinstieg in den Pflegeberuf zu erleichtern, hat das Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern Ried gemeinsam mit dem Vinzentinum, der Schule für Gesundheits- und Krankenpflege, einen Refresher-Pflegeskills-Kurs entwickelt. „Unser Angebot richtet sich an Rückkehrer*innen, die ihr Wissen auffrischen und sich mit den aktuellen Standards der Pflegepraxis vertraut machen möchten“, sagt Huber. Der Kurs umfasse kompakte Lerneinheiten, die sowohl theoretische als auch praktische Inhalte vermittelten. Schwerpunkte seien unter anderem die Vorstellung aktueller Berufsbilder in der Pflege, Injektions- und Infusionsmanagement, das Absaugen bei Tracheostoma oder die Versorgung durch Magensonden. „Um den Teilnehmer*innen wieder mehr Sicherheit für den Berufsalltag zu geben, sind vor allem praxisnahe Übungen entscheidend,“, betont Huber. Angeboten wird der Kurs seit 2024 zweimal jährlich und hat bereits mit Erfolg ehemalige Pflegefachkräfte zurück in den Beruf begleitet. „Wir gehören zu den wenigen Einrichtungen in Österreich, die ein solches Programm anbieten“, erklärt die Pflegedirektorin stolz.
Die Bedeutung erfahrener Pflegekräfte
Da der Fachkräftemangel in der Pflege auch in den nächsten Jahren eine große Herausforderung bleibt, sieht Huber in Programmen wie dem Refresher-Kurs einen wichtigen Ansatz, der Problematik entgegenzuwirken. „Es geht nicht nur darum, neue Pflegekräfte auszubilden, wir müssen auch diejenigen zurückholen, die den Beruf bereits lieben gelernt haben. Ihr Wissen und ihre Erfahrung sind unbezahlbar.“ Gerade die Coronapandemie habe deutlich gezeigt, wie belastbar Pflegekräfte sein müssen. Gleichzeitig wurde aber auch sichtbar, wie wichtig erfahrene Fachkräfte für die Pflegequalität sind. „Meist sind sie es, die in Krisenzeiten den Überblick behalten und für Stabilität im Team sorgen“, betont die Pflegedirektorin. „Wenn solche Fachkräfte nach einer Pause zurückkehren, profitieren alle: das Team, die Patient*innen und damit auch die gesamte Einrichtung.“ Ein besonderer Fokus des Programms liegt deshalb auf der gezielten Ansprache von Berufsaussteiger*innen. „Flexiblere Arbeitszeitmodelle, neue Einsatzbereiche und spezialisierte Pflegeberufe gestalten das Arbeitsumfeld heute abwechslungsreicher und attraktiver.“ Diese Entwicklungen tragen dazu bei, dass sich Pflegekräfte wohler fühlen und sich auch Beruf und Privatleben besser miteinander vereinbaren lassen.
Hemmschwellen abbauen
„Langfristig hoffen wir, dass Programme wie unser Refresher-Kurs dazu beitragen, den Pflegeberuf wieder attraktiver zu machen und Aussteiger*innen für diesen wichtigen Beruf zurückzugewinnen“, resümiert Huber. Geplant sei, den Kurs weiter auszubauen und die Inhalte fortlaufend an die Bedürfnisse der Teilnehmer*innen anzupassen. Dabei sei es besonders wichtig, auf die Weiterentwicklung in der Pflege einzugehen. So werden auch spezielle Schulungen zu IT-Programmen und zur digitalen Pflegedokumentation angeboten – ein Bereich, der sich in den letzten Jahren stark weiterentwickelt hat. „Viele, die länger nicht in der Pflege tätig waren, sind unsicher im Umgang mit neuen Technologien. Auch hier setzen wir gezielt an, um Hemmschwellen abzubauen“, so Huber. Ebenfalls im Visier seien Kooperationen mit anderen Einrichtungen, um das Angebot regional weiter zu verbreiten.
Foto: Barmherzige Schwestern Ried/© Rambossek