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Österreich
16.10.2024

Mit Forschung die Pflegezukunft sichern

Sabine Pleschberger, neue Professorin für Pflegewissenschaft an der MedUni Wien, sieht die Wissenschaft als einen entscheidenden Schlüssel, um der aktuellen Pflegekrise zu begegnen. In ihrer Antrittsvorlesung betonte sie die Bedeutung transdisziplinärer Forschung, die praxisnahe Antworten auf die Herausforderungen im Pflegebereich entwickeln soll.

Sabine Pleschberger, Professorin für Pflegewissenschaft am Zentrum für Public Health der Medizinischen Universität Wien, stellte in ihrer Antrittsvorlesung Anfang Oktober die drängenden Herausforderungen im Bereich Pflege in den Mittelpunkt. Unter dem Titel „Pflegewissenschaft transdisziplinär denken“ stellte sie dar, wie der Pflegeberuf in den kommenden Jahren in den Fokus gesellschaftlicher und wissenschaftlicher Debatten rücken muss, um den steigenden Anforderungen gerecht zu werden. Dabei geht es nicht nur um die Pflege von heute, sondern vor allem darum, zukunftsfähige Modelle zu entwickeln, die die Krise im Pflegebereich nachhaltig überwinden können.

Pleschberger betonte, dass Österreich, wie viele andere Länder, mit einer akuten Personalkrise im Pflegebereich kämpft. „Die Schere zwischen dem wachsenden Pflegebedarf und den verfügbaren personellen Ressourcen geht zunehmend auseinander“, erklärte sie.  Um dieser Entwicklung zu begegnen, brauche es wissenschaftliche Expertise, die sich nicht auf Theorien beschränkt, sondern eng mit der Praxis verknüpft ist.

Die Stiftungsprofessur, die durch eine Förderung des Vereins „PflegerIn mit Herz“ für drei Jahre unterstützt wird, zielt darauf ab, innovative und praxisnahe Lösungen zu entwickeln. „Die Pflege bedarf ebenso wissenschaftlicher Expertise wie andere Bereiche der Gesellschaft. Mit Wissenschaft, Forschung und Lehre wollen wir die Situation für Pflegebedürftige, Pflegende und Angehörige nachhaltig verbessern und zukunftsfit gestalten“, betonte Robert Lasshofer, Präsident des Vereins.

Ein zentrales Anliegen der neuen Professur ist es, die Bedeutung der Pflege als Wissenschaft zu stärken, ein Punkt, der in Österreich bisher oft vernachlässigt wurde. Pleschberger führt dies auf die historischen Wurzeln des Pflegeberufs zurück, der sich im 19. Jahrhundert als Assistenzberuf für Frauen entwickelte und bis heute mitunter so in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird. Diese Rollenbilder würden eine angemessene wissenschaftliche Anerkennung der Pflege verhindern. 

„Es ist dringend nötig, die gesellschaftliche Marginalisierung von Pflegebedürftigen und sterbenden Menschen zu überwinden“, so Pleschberger. Insbesondere in der letzten Lebensphase, dem Sterben, werde diese Marginalisierung oft sichtbar, was nicht nur die Betroffenen, sondern auch diejenigen, die sie pflegen, betrifft. Die Hospizbewegung und das von der WHO 1990 vorgestellte Konzept der Palliative Care waren Reaktionen auf diese Entwicklungen, ein langjähriger Forschungsschwerpunkt der Professorin.

Ein weiterer Fokus ihrer Arbeit liegt auf der Bewältigung der Pflegepersonalkrise durch transdisziplinäre Forschung. Pleschberger betonte, dass es entscheidend sei, mit der Pflege zu forschen, nicht nur über sie. Das bedeute, dass Forschungsergebnisse eng mit der Pflegepraxis verzahnt sein müssen, um Lösungen für die Probleme des Alltags zu liefern. Besonders die Pflege älterer Menschen und die Betreuung in der häuslichen Umgebung stehen dabei im Mittelpunkt ihres wissenschaftlichen Interesses. In diesen Bereichen arbeiten Pflegende häufig unter hohem Druck und in komplexen Situationen, die innovative Ansätze und Unterstützung durch Wissenschaft und Politik erfordern.

Die Professur widmet sich auch der Erforschung des Zusammenspiels von professioneller und informeller Pflege sowie der Rolle der Zivilgesellschaft. „Pflegewissenschaft muss sich in einer Umbruchphase der Wissensproduktion positionieren“, so Pleschberger. „Wissen muss im Anwendungskontext entstehen, nicht im Elfenbeinturm.“ Ein wichtiger Teil ihrer Arbeit bestehe darin, den Dialog mit der Fachöffentlichkeit und der breiten Gesellschaft zu fördern, um die Fragen der Pflege und des Alterns stärker in den gesellschaftlichen Diskurs zu integrieren.

Text: RED/Pressemitteilung der MedUni Wien

Foto: MedUni Wien/ Feelimage 

v.l.n.r.: Markus Müller (Rektor der MedUni Wien), Günter Geyer (Ehrenpräsident des Vereins „PflegerIn mit Herz“), Anita Rieder (Vizerektorin der MedUni Wien und Leiterin des Zentrums für Public Health), Sonja Brandtmayer (Vorstandsmitglied des Vereins „PflegerIn mit Herz“), Sabine Pleschberger (Professorin für Pflegewissenschaft) und Robert Lasshofer (Präsident des Vereins „PflegerIn mit Herz“) 

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