Regionalanästhesie: Patient*innen profitieren
Die Schmerzausschaltung im Operationsbereich zählt zu den zentralen Aufgaben der Anästhesie. Dank medizinischer Fortschritte hat sich die Regionalanästhesie in den vergangenen Jahren als etabliertes und hocheffektives Verfahren bewährt. Peter Hohenauer gibt einen Überblick über die Vorteile und Einsatzmöglichkeiten und erklärt den Einfluss auf das postoperative Ergebnis.
Schmerzen hinterlassen Spuren im Gehirn. „Auch unter Vollnarkose, wenn wir sie nicht bewusst wahrnehmen“, erklärt Prim. Dr. Peter Hohenauer, Leiter der Abteilung für Anästhesie, Intensiv- und Palliativmedizin am Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern Ried. „Überempfindliche Nervenzellen können deshalb ein Schmerzgedächtnis entwickeln, das chronische Schmerzen verursacht oder verstärkt.“ Eine effektive Methode, um dies zu verhindern, sei die Regionalanästhesie. „Die Regionalanästhesie blockiert gezielt bestimmte Nerven und schaltet das Schmerzempfinden in der betroffenen Körperregion vorübergehend aus.“ Da die Schmerzweiterleitung so gar nicht erst das Rückenmark erreicht, werde die Entstehung eines Schmerzgedächtnisses verhindert. Dies sei etwa bei Amputationen besonders relevant. Phantomschmerzen werden oft in Verbindung mit dem Schmerzgedächtnis gebracht.
Vielfältige Verfahren
Es gibt drei Hauptformen der Regionalanästhesie. „Die Spinalanästhesie, auch bekannt als Kreuzstich, wird bei Eingriffen an Beinen, Becken und im Unterbauch angewendet“, erklärt Hohenauer. Dabei wird ein Lokalanästhetikum durch die Wirbel hindurch in den Spinalraum injiziert, der mit Gehirn-Rückenmarks-Flüssigkeit gefüllt ist. Die Schmerzleitung wird so innerhalb weniger Minuten blockiert, was eine schmerzfreie Operation ermöglicht. „Die Wirkung hält jedoch nur wenige Stunden an“, so Hohenauer.
„Bei der Epiduralanästhesie oder Periduralanästhesie wird durch eine Hohlnadel ein dünner Katheter in den rückenmarksnahen Raum eingeführt“, erläutert der Experte Je nach Eingriff kann dieser Katheter im Brustwirbelbereich (thorakale PDA) oder im Lendenwirbelbereich (lumbale PDA) platziert werden. Durch kontinuierliche Medikamentengabe über eine Pumpe kann die Wirkung mehrere Tage aufrechterhalten werden, wenn eine langanhaltende Schmerztherapie erforderlich ist.
„Bei Operationen an den oberen oder unteren Extremitäten wird wiederum oft die periphere Regionalanästhesie verwendet“, erklärt Hohenauer. Mithilfe von Ultraschall werden die sensiblen Nervenbahnen gezielt lokalisiert und durch das Einbringen von Lokalanästhetika für eine gewisse Zeit ausgeschaltet. „Auch hier kann ein Schmerzkatheter gelegt werden, der postoperative Schmerzen für mehrere Tage lindert.“ Dies sei besonders bei Bauchoperationen oder laparoskopischen Eingriffen, wie etwa bei Darmoperationen, von großem Vorteil. „Die Genesung verläuft bei diesen Patient*innen oft deutlich schneller.“
Verbessert die Regionalanästhesie den Outcome?
Obwohl zahlreiche Studien die Vorteile der Regionalanästhesie im Vergleich zur Allgemeinanästhesie belegen, bleibt unklar, ob sie das langfristige postoperative Ergebnis tatsächlich verbessere. „Das lässt sich noch nicht eindeutig nachweisen“, erklärt Hohenauer. „Dennoch setzen auch wir verstärkt auf die Regionalanästhesie. Unsere Erfahrungen zeigen, dass die Patient*innen davon profitieren: Sie haben weniger Blutdruckabfälle, empfinden weniger Schmerzen und entwickeln seltener ein Durchgangssyndrom.“ Wird die Regional- zusätzlich zur Allgemeinanästhesie angewendet, kann diese zudem weniger tief gehalten werden. „Das hat den Vorteil, dass die Patient*innen während und nach der Operation weniger Analgetika benötigen, was nachweislich das postoperative Ergebnis deutlich verbessert“, betont Hohenauer. „Ein Nachteil der Regionalanästhesie besteht letztlich darin, dass sie nur bei normaler Blutgerinnung eingesetzt werden kann,“ erklärt Hohenauer. Dies schränkt die Anwendung bei Patient*innen ein, die blutverdünnende Medikamente einnehmen.
Text: Rosi Dorudi
Foto: Krankenhaus Barmherzige Schwestern Ried/Schrattenecker-Fischer